Obwohl es derzeit nicht möglich ist, gemeinsam zu lesen, soll uns das die Lesefreude nicht nehmen: Wer vorliest kann sich selbst dabei filmen und das Video an die Organisatoren schicken.
Vorlesen hat eine lange Tradition und beschränkt sich nicht auf das Vorlesen für Kinder. Es schafft Nähe, fördert Kreativität und Empathie.
Ganz gleich, wer wem wo vorliest – ob direkt oder über Livestream. Das Vorlesen eröffnet Zugänge zu Geschichte und Geschichten, beflügelt die Fantasie und es vertreibt Langeweile.
Die Verbindung, das Medium zwischen Text und Zuhörenden ist die Stimme - ihr Klang, ihre Tragfähigkeit, die Sprechweise.
Monika Heller, VHS Kursleiterin für Rhetorik und Sprechtechnik, hat Tipps für die Stimme zusammengestellt, die das Vorlesen leichter und schöner machen.
Aufwärmen
Auch wenn Vorlesen nicht als sportliche Tätigkeit bezeichnet wird, empfiehlt sich ein Aufwärmtraining.
Dazu gehören sich räkeln, mit den Schultern kreisen, summen, seufzen, herzhaft gähnen und Sprechübungen mit Lauten wie beispielsweise: “ba-ba-booo…ba-ba-buuu“ oder “bla-bla-blooo….bla-bla-bluuu”. Dies fördert die Elastizität des Kehlkopfes.
Wenn Sie dann noch Grimassen schneiden und mit der Zunge zwischen den Zähnen und den Lippen kreisen, geht das Lesen ganz leicht und locker von den Lippen.
Atmung
Die Stimme wird gerne als Klang gewordener Atem bezeichnet.
Hier eine Übung zur Stärkung des Zwerchfells:
Einatmen (in die Flanken) und Ausatmen
Einatmen - Halten (innehalten, nicht gleich ausatmen)
Ausatmen (mit oder ohne Ton).
Das Innehalten stärkt das Zwerchfell und diese Kraft überträgt sich auf die Lunge.
Die Zwerchfellatmung wird trainiert, wenn wir Konsonanten wie P, T, K oder F bewusst und stark artikulieren. Dies kommt wiederum der Deutlichkeit zugute. Apropos Deutlichkeit: Achten Sie darauf, Endungen, Endbuchstaben und Endsilben vollständig auszusprechen.
Kein Frosch im Hals
Eine trockene Kehle und häufiges Räuspern trüben das Lesevergnügen. Trinken Sie genügend, am besten (lauwarmes) Leitungswasser. Sogar wenn Sie „nur“ Ihren Liebsten vorlesen, kann das in Ihnen Stress erzeugen. Der Organismus schaltet auf Notfallprogramm und „vergisst“ den Mundraum zu befeuchten.
Trinken Sie also viel – davor und auch während des Vorlesens.
Lob der Pause
Das Innehalten - am Ende eines Satzes, eines Satzteils oder als Spannungspause vor einem Wort - fördert die Verständlichkeit und somit die Zuhörbereitschaft. Diese Sprechpausen sind auch erholsame Atempausen für die Lesenden: Die Zuhörenden kommen besser mit, die Sprechenden bleiben länger fit!
Tempo
Das Variieren von schnell/langsam macht die „Performance“ spannend.
Oft werden wir beim Vorlesen unfreiwillig immer schneller. Da helfen deutliche Aussprache, das Einhalten von Pausen sowie das bewusste Betonen sinntragender Wörter und Elemente.
Mit „richtiger“, also sinngemäßer Akzentuierung macht man es Zuhörenden leichter, der Geschichte zu folgen. Mit entsprechender Gestik und Mimik werden die Worte unterstrichen und deren Wirkung wird erhöht. Das Spiel mit der Stimme, das Variieren von Tonfall und Stimmklang beleben das Vorlesen. Auch wenn das Lesen verschiedener Rollen in einer Geschichte zum „Verstellen“ der Stimme animiert, sollten Sie nie zu lange künstlich höher oder tiefer sprechen. Kehren Sie immer wieder zur Ihrer individuellen Tonlage zurück. Wenn das schwer fällt, gähnen Sie heimlich oder herzhaft, dann sind Sie wieder bei Ihrer Stimme angekommen.
Monika Heller ist VHS Kursleiterin und unterrichtet an mehreren VHS Standorten Rhetorik und Sprechtechnik. Diese Kurse werden von der AK mit dem Bildungsgutschein gefördert.