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Interview mit einer Jugendcoachin der VHS

Einblick in den Arbeitsalltag und die Herausforderungen

24.04.2025
Eine Jugendcoachin und eine Jugendliche sitzen an einem Schreibtisch. Die Jugendliche hält Folder in der Hand.
© VHS
Das  VHS Jugendcoaching bietet Jugendlichen Unterstützung am Übergang Schule - Beruf/weiterführende Ausbildung durch individuelle Beratung und Begleitung. Wie der Alltag als Coach*in aussieht, verrät uns eine Jugendcoachin im Interview (Name der Jugendcoachin wurde geändert). 
Interviewer: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen. Möchten Sie sich zu Beginn kurz vorstellen und uns etwas über Ihre Rolle als Jugendcoachin bei der VHS erzählen?

Jugendcoachin: Sehr gerne! Mein Name ist Helena, und ich bin seit 4 Jahren als Jugendcoachin bei der VHS tätig. Meine Aufgabe besteht darin, junge Menschen auf ihrem Bildungs- und Berufsweg zu begleiten. Ich unterstütze sie dabei, ihre Stärken zu erkennen, berufliche Perspektiven zu entwickeln und Herausforderungen zu meistern – sei es in der Schule oder bei Aus- und Weiterbildungsfragen. 


Interviewer: Das klingt sehr vielfältig. Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag als Jugendcoachin aus?


Jugendcoachin: Einen wirklich "typischen" Tag gibt es eigentlich nicht, weil jeder Tag anders ist – und das macht die Arbeit auch so spannend. Meistens beginnt mein Tag mit der Vorbereitung auf die Termine mit den Jugendlichen. Ich schaue mir die Notizen aus vergangenen Gesprächen an und überlege mir, welche Themen und Herausforderungen heute im Fokus stehen könnten.
Dann folgen die Einzelgespräche. Hier höre ich mir an, wie es den Jugendlichen geht, welche Fortschritte sie gemacht haben oder wo es gerade hakt. Manchmal geht es um konkrete schulische oder berufliche Themen – etwa die Wahl einer passenden Ausbildung oder die Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch. Oft spielen aber auch persönliche Themen eine Rolle, wie Konflikte in der Familie, Selbstzweifel oder Zukunftsängste.
Zwischendurch habe ich auch organisatorische Aufgaben, wie das Schreiben von Berichten oder die Abstimmung mit Schulen, Lehrer*innen und manchmal auch Eltern. Und dann gibt es natürlich auch viele spontane Situationen – ein*e Jugendliche*r taucht plötzlich mit einem dringenden Anliegen auf oder es gibt eine akute Krise, die schnelle Unterstützung erfordert.


Interviewer: Das klingt nach einem sehr vielseitigen Arbeitsalltag. Mit welchen Herausforderungen sind die Jugendlichen denn am häufigsten konfrontiert?


Jugendcoachin: Viele Jugendliche stehen vor der Challenge, herauszufinden, was sie eigentlich wollen – beruflich und persönlich. Das beginnt oft schon in der Schule, wenn der Druck wächst, sich für eine bestimmte Richtung zu entscheiden. Manche sind unsicher, ob eine weiterführende Schule, eine Lehre oder ein direkter Einstieg ins Berufsleben das Richtige für sie ist.
Ein weiteres großes Thema sind Selbstzweifel und Ängste. Viele Jugendliche haben das Gefühl, nicht gut genug zu sein oder keinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Dazu kommen oft auch familiäre Schwierigkeiten, finanzielle Unsicherheiten oder Probleme im sozialen Umfeld. Unser Ziel ist es, die Jugendlichen zu stärken und ihnen zu zeigen, dass sie selbst Einfluss auf ihre Zukunft nehmen können.
Interviewer: Wie genau unterstützen Sie die Jugendlichen dabei, diese Herausforderungen zu bewältigen?


Jugendcoachin: Das Wichtigste ist zunächst einmal Zuhören und Vertrauen aufbauen. Viele Jugendliche kommen zu uns mit dem Gefühl, dass niemand wirklich versteht, was sie gerade durchmachen. Deshalb nehme ich mir im Gespräch immer Zeit, um die Situation aus ihrer Perspektive zu verstehen.
Dann geht es darum, gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Das kann ganz konkret sein – etwa die Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch oder das Erstellen eines Lebenslaufs. Aber oft geht es auch um tiefere Themen: Wie gehe ich mit Stress und Druck um? Wie lerne ich, selbstbewusster aufzutreten? Wie finde ich heraus, was meine Stärken sind und wo ich beruflich hinmöchte?
Wir nutzen dazu verschiedene Methoden – zum Beispiel Coaching-Gespräche oder kreative Übungen, um Perspektiven zu öffnen. Außerdem ist das große NEBA-Netzwerk (mehr Infos hier) sehr wichtig für unsere Arbeit. Wenn zusätzliche Unterstützung nötig ist, arbeite ich mit Netzwerkpartner*innen zusammen, etwa mit Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen, mit AFit Projekten oder der Jugendarbeitsassistenz u.v.m.


Interviewer: Welche Momente in Ihrer Arbeit sind für Sie besonders erfüllend?


Jugendcoachin: Besonders schön ist es, wenn ein*e Jugendliche*r nach einer schwierigen Phase wieder Selbstvertrauen gewinnt und eigene Entscheidungen trifft. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen jungen Mann, der große Angst vor Vorstellungsgesprächen hatte. Wir haben die Situation im Coaching immer wieder durchgespielt – und irgendwann kam er strahlend zu mir zurück und hat erzählt, dass er die Lehrstelle bekommen hat.
Es sind aber auch die kleinen Momente: Wenn ein*e Jugendliche*r nach einem Gespräch sagt: „Danke, dass Sie mir zugehört haben.“ Oder wenn jemand wieder zur Schule geht, nachdem er*sie eigentlich schon aufgegeben wollte. Das gibt mir das Gefühl, dass meine Arbeit etwas bewirkt.


Interviewer: Was würden Sie Jugendlichen raten, die gerade vor einer schwierigen Entscheidung stehen?


Jugendcoachin: Mein Rat wäre: Trau dich, Hilfe anzunehmen. Es ist völlig normal, nicht zu wissen, wie es weitergehen soll. Du musst diese Entscheidungen nicht allein treffen – es gibt Menschen, die dich unterstützen möchten. Wichtig ist auch, sich Zeit zu nehmen und keine Angst vor Fehlern zu haben. Jeder Umweg bringt neue Erfahrungen mit sich, und manchmal entdeckt man dabei ganz neue Stärken und Interessen.


Interviewer: Abschließend: Was würden Sie jemandem raten, der selbst darüber nachdenkt, Jugendcoach*in zu werden?


Jugendcoachin (schmunzelt und lacht): Eine sehr gute Frage. Wer Jugendcoach*in werden möchte, sollte vor allem gerne mit jungen Menschen arbeiten und ein echtes Interesse an ihrer Lebenswelt mitbringen. Empathie, Geduld und eine gute Portion Humor sind dabei sehr hilfreich – denn nicht immer läuft alles nach Plan. Gleichzeitig sollte man gut zuhören und bereit sein, auch schwierige Themen offen anzusprechen. Vernetzt zu denken, ein gutes Zeitmanagement und organisatorisches Talent sind weitere wichtige Qualitäten.
Die Arbeit als Jugendcoach*in ist nicht immer einfach, aber unglaublich bereichernd. Zu sehen, wie ein junger Mensch wächst, wieder Vertrauen in sich selbst gewinnt und seinen Weg findet – das ist ein wunderbares Gefühl.


Interviewer: Vielen Dank für diesen spannenden Einblick und Ihre offenen Worte!


Jugendcoachin: Sehr gerne – und danke für das Interesse an unserer Arbeit! 
Das VHS Jugendcoaching steht für Informationen und Fragen zur Verfügung: 
E-Mailjugendcoaching@vhs.at
Mehr Infos: www.vhs.at/jugendcoaching


Das Angebot des VHS Jugendcoaching richtet sich an verschiedene Zielgruppen an Jugendlichen zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr und ist freiwillig und kostenlos.
Das Jugendcoaching ist ein vom Sozialministeriumservice gefördertes Projekt.

Euer Jugendcoaching

NEBA ist eine Initiative des Sozialministeriumservice.