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Die Aztek*innen: Die Aktualität der Conquista

26.01.2021
Online-Vortrag von Alejandra Barrera und Jürgen Stowasser im Rahmen der Vortragsreihe „Die Aztek*innen“.

Dienstag, 26. Jänner, 19:00 Uhr | Online
Handelt es sich bei der Conquista um ein historisches Ereignis, das mit der Niederlage der Mexica 1521 seinen Abschluss findet? Oder ist sie als Prozess zu verstehen, der bis in die Gegenwart reicht und dessen Bedeutung immer wieder neu ausverhandelt wird? In diesem Vortrag wird der Frage nachgegangen, wie die Conquista in unterschiedlichen Kontexten als Bezugsrahmen für die Gegenwart und als fortwährender Konflikt interpretiert wird. Es werden neue Perspektiven der Forschung vorgestellt. Eine Besonderheit des kolonialen Mexikos ist die Fülle an historischen Quellen, in denen die Stimmen der Eroberten dokumentiert sind. Indigene Historiker verfassen Geschichtswerke auf Nahuatl, Gemeinden wehren sich vor Gericht gegen koloniale Repression und Spezialist*innen in heimischen Schriftsystemen (Tlahcuilōlli) hinterlassen rund 500 Manuskripte (einige davon befinden sich heute in Wiener Sammlungen). Die Erschließung dieser Quellen macht die Eroberten als aktiv Handelnde sichtbar und ermöglicht neue Sichtweisen auf Eroberung und Kolonialisierung.
Indigene Aktivist*innen, der mexikanische Präsident oder Hispanics (Latinx) in den USA beziehen sich auf die Conquista und ihre Bedeutung für die Gegenwart – die Folge sind mitunter kontroverse Debatten um Deutungshoheit und aktuelle Konsequenzen. In diesem Kontext wird der Frage nachgegangen, wie es um das aztekische Erbe in Mexiko-Stadt jenseits von Ruinen und Museumskollektionen steht? Dorfgemeinschaften an der Peripherie der Megacity sind von sozialen und kulturellen Strukturen geprägt, die in die Zeit vor der Eroberung zurückreichen. Dabei handelt es sich nicht um „Überbleibsel“, sondern um zentrale Werte und Institutionen der Dorfgemeinschaft, wie kollektiver Grundbesitz oder lokale Erinnerungskultur. Durch die urbane Expansion geraten diese Dörfer zunehmend in den Fokus von Investor*innen und Stadtplaner*innen. Golfplätze zwischen Maisfeldern, kollektiver Landbesitz neben neu errichteten Gated Communities, der Kampf um Wasserrechte und den Erhalt lokaler Waldgebiete – in solchen Konflikten spielen das mesoamerikanische Erbe und die Conquista als „kollektive Erinnerung“ eine zentrale Rolle.

Mag.a Alejandra Barrera, Doktorandin Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, WU-Wien („Urban Conflicts and the ‚Pueblos Originarios‘-Model in Mexico City“). Master Peace Studies, Universität Innsbruck. Mesoamerika-Arbeitskreis Universität Wien.

Jürgen Stowasser, Mesoamerika-Arbeitskreis der Universität Wien. Forschungsschwerpunkt: Frühe Kolonialzeit, Rolle von Sprache und Übersetzung bei der Kolonialisierung, aztekisches Schriftsystem (http://meso.univie.ac.at).
Die Vortragsreihe ist eine Kooperation des Österreichischen Lateinamerika-Instituts und dem Weltmuseum Wien.
Teilnahme: frei
Anmeldung: 
info@weltmuseumwien.at oder office@lai.at.
Aufgrund der derzeitigen Covid-Maßnahmen findet dieser Vortrag online statt. Sie erhalten nach Ihrer Anmeldung die Zugangsdaten für Ihre virtuelle Teilnahme.