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Die Kehrseite der Energiewende – Natürliche Ressourcen, Ungleichheit und das Konzept der Imperialen Lebensweise in der Bildung

Workshop für Multiplikator*innen

11.12.2024
Die globale Energiewende und der European Green Deal stehen für Hoffnung auf eine nachhaltige Zukunft. Der immense Rohstoffbedarf der Energiewende und seine Auswirkungen auf Mensch und Umwelt machen deutlich, dass diese Transformation komplexe Herausforderungen mit sich bringt und gleichzeitig dringende Fragen aufwirft:

  • Welche ökologischen Folgen haben die dafür notwendigen Ressourcenextraktionen, und wie wirken sich diese auf empfindliche Ökosysteme aus? 
  • Welche Risiken birgt die wirtschaftliche Schieflage für Länder, die als Rohstofflieferanten fungieren? 
  • Wie steht es um soziale Gerechtigkeit, insbesondere für betroffene Gemeinschaften, deren Lebensgrundlagen bedroht werden? 
  • Inwiefern spiegeln sich koloniale Kontinuitäten in der ungleichen globalen Verteilung von Kosten und Nutzen dieser Transformation wider? 
Dieser Workshop bietet Multiplikator*innen im Bildungsbereich konkrete Methoden und Ansätze, um diese komplexen Themen in der Unterrichtspraxis zu behandeln und ein kritisches globales Bewusstsein zu fördern. 
Am Beispiel des Lithiumabbaus wird die Kehrseite der globalen Energiewende im Workshop beleuchtet. Lithium, oft als „weißes Gold“ bezeichnet, ist ein Schlüsselrohstoff für Batterien und erneuerbare Energien, dessen Abbau jedoch unter Bedingungen erfolgt, die tiefgreifende soziale und ökologische Folgen haben. Die Art wie im Globalen Norden gewirtschaftet und konsumiert wird, ist dabei maßgeblich für eine ungerechte Ressourcen- und Vermögensverteilung verantwortlich. Die internationale Staatengemeinschaft ist sich der strategischen Bedeutung des Zugangs zu den kritischen Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und seltene Erden bewusst. Im Wettlauf um das „weiße Gold“ geraten jedoch internationale Konventionen und nationale gesetzliche Regelungen zum Schutz indigener Rechte, Menschenrechte und der Umwelt zunehmend in den Hintergrund.

Mit dem Konzept eines guten Lebens für Alle, das leistbar ist und nicht zu Lasten der Natur geht, gibt es einen Gegenpol zur "Imperialen Lebensweise" (Ulrich Brand, Markus Wissen). Letztere beruht auf der grenzenlosen Aneignung und Ausbeutung von Arbeitskraft und Natur. Das Konzept einer solidarischen Lebensweise umfasst sozial-ökologische Alternativen und Ansatzpunkte, wie wir "ein gutes Leben für alle - el buen vivir", anstatt eines besseren Lebens für wenige, erreichen können. Wie sollte unsere Lebensweise nachhaltig verändert werden, um globale Ungleichheit zu verringern? Welche Entwicklungsmöglichkeit gibt es für ein solidarisches und ökologisch nachhaltiges Europa? 

Der Workshop richtet sich an Bildungsexpert*innen und Multiplikator*innen im Bereich „Globales Lernen“ und Bildung für nachhaltige Entwicklung, die Methoden und Inhalte für eine transformative Bildung kennenlernen und erarbeiten möchten. Es werden konkrete Praxisansätze vorgestellt und anhand zweier Themenschwerpunkte (Lithiumabbau in Lateinamerika und Koloniale Kontinuitäten in Unterrichtsmaterialien) das Spannungsfeld zwischen imperialer und solidarischer Lebensweise in der Bildungsarbeit aufgegriffen.

Donnerstag, 16. Jänner 2025, 15:00-20:00 Uhr
C3-Centrum für Internationale Entwicklung, Alois-Wagner Saal
Sensengasse 3, 1090 Wien 

Eine Veranstaltung des Österreichischen Lateinamerika-Institut und der ÖFSE – Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung im Rahmen des Erasmus+ Projektes Re:thinking Global! 

Kostenlose Teilnahme!
Wir bitten um Anmeldung per Mail an g.slezak@oefse.at. 

Programm

15:00 - 15:15 Uhr
Begrüßung & Eröffnung


Gabi Slezak

Öffentlichkeitsarbeit, ÖFSE
Andrea Eberl
Direktorin Österreichisches Lateinamerika-Institut/LAI
Andrés Musacchio
Projektleiter „Re:Thinking Global!“

Moderation: Marcela Torres Heredia
15:15 – 16:15 Uhr
Impulsreferate mit anschließender Fragerunde

Imperiale Lebensweise in der Bildungsarbeit
Immer mehr Menschen im globalen Norden vermehren ihren Wohlstand auf Kosten anderer. Diese Ausbeutung von Mensch und Natur schreitet trotz der Appelle für Nachhaltigkeit und grüne Strategien in besorgniserregender Geschwindigkeit voran. Barbara Falkinger und Ulrich Brand (virtuell), Co-Autor des Beststellers, erklären das Konzept der „Imperialen Lebensweise“ und zeigen auf, wie dieses in der Bildungsarbeit berücksichtigt werden kann. 

Ulrich Brand, Professor für Internationale Politik an der UNI Wien, zahlreiche Forschungsaufenthalte in Lateinamerika. Seit September 2020 leitet Brand den „Forschungsverbund Lateinamerika“ am Institut für Politikwissenschaft/UNI Wien.

Barbara Falkinger, Direktorin der MS Obere Augartenstrasse in Wien, Herausgeberin der Reihe „Schulhefte“, darunter 2022 zum Schwerpunkt „Imperiale Lebensweise und Bildung"; Mediatorin bei der ARGE Bildungsmanagement Wien; interkulturelle Lernbetreuerin und Trainerin. 

Doris Englisch-Stölner, Ethnologin, Grundschullehrerin, seit mehreren Jahren Mitarbeiterin im Sprachförderzentrum Wien der Bildungsdirektion Wien, Mitherausgeberin des „Schulheft“, bildungspolitisch aktiv bei TeachersforFuture.
16:15 – 17:45 Uhr
Dokumentarfilm mit anschließender Fragerunde

"Bajo La Sal"
Ein Film über den Lithium-Abbau in Argentinien von Emiliano Bazzani und Felix Dorn
Der aktuelle Boom um das "weiße Gold" Lithium hat in den argentinischen Anden zu einer Vielzahl von neuen Bergbau-Projekten geführt. Der Dokumentarfilm "Bajo La Sal" (Below The Salt) schaut auf die zugrundeliegenden Konflikte rund um den Lithium-Bergbau in Nordwest-Argentinien und die sozial-ökologischen Kosten des Booms.
Im Anschluss Filmgespräch mit Felix Dorn, Filmemacher von "Bajo La Sal" und Universitätsassistent am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien.

Felix Dorn, arbeitet als Post-Doc am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Politischen Ökologie und Politischen Ökonomie der Energiewende.
Pause
17:45 – 18:00 Uhr
Workshops
18:00 – 19:30 Uhr

Workshop A:
Ressourcenextraktivismus im Globalen Lernen: Lithiumabbau als Fallbeispiel

Im Workshop mit Felix Dorn/Uni Wien werden zentrale Themen wie Umweltgerechtigkeit, globale Abhängigkeiten sowie sozioökonomische und ökologische Dynamiken des Lithiumbooms diskutiert. Dabei werden neue Perspektiven für die Bildungsarbeit und Ansätze für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema erarbeitet.

Workshop B:
Koloniale Kontinuitäten in Unterrichtsmaterialien: Eine kritische Reflexion stereotyper Darstellungen am Beispiel Rohstoffpolitik

Im Workshop mit Gabi Slezak/ÖFSE werden stereotype Darstellungen globaler Verhältnisse kritisch betrachtet und deren koloniale Narrative dekonstruiert. Als Beispiel dienen uns die Vermittlungskonzepte von Ungleichheit und struktureller Benachteiligung im Kontext der Rohstoffgewinnung und -handel. Welche Akteur*innen werden wie dargestellt? Wer spricht für wen? Welchen kolonialen Blick erkennen wir in Bildern und Texten? Welche kolonialen Rassismen sind implizit, nicht bewusst und reproduzieren deswegen rassistische Inhalte? Wie wird die Darstellung in Zusammenhang mit struktureller und normativer Unterdrückung gebracht? Welche Möglichkeiten bietet die Einbeziehung Diasporischer Wissensbestände für die Annäherung an eine solidarische Lebensweise? Gemeinsam werden alternative Ansätze in der Bildungsarbeit für eine kritische Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe erarbeitet.
Gabi Slezak, leitet in der ÖFSE den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und ist in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit tätig. Zu ihren Forschungsschwerpunkte als promovierte Afrikawissenschafterin zählen Dekolonialisierung von Wissen und Anti-Rassistische Bildung.
Präsentation der Ergebnisse aus den beiden Workshops im Plenum
19:30 – 20:00 Uhr
Der Workshop findet im Rahmen von Re:Thinking Global!, einem Erasmus+Projekt, das dazu beitragen soll, alternative Konzepte, Ansätze und Perspektiven für die sozio-ökologische Transformation in der Bildung für nachhaltige Entwicklung und im Globalen Lernen in Europa zu verankern. Es richtet sich an Akteur*innen der Entwicklungszusammenarbeit, Multiplikator*innen, Lehrkräfte und Mitarbeitende, die im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (ESD) und Globales Lernens tätig sind, sowie an junge Menschen, Studierende und Einrichtungen der Bildungs- und Erwachsenenbildung.
© Andrés Musacchio