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Die Bibliothek der verbrannten Bücher

Ein Erinnerungsprojekt der Volkshochschule Liesing

26.02.2024
aufgeschlagenes Buch
Die Volkshochschule Liesing setzt mit allen Interessierten ein Zeichen gegen das Vergessen. | © freepik

Über die Bibliothek der verbrannten Bücher

Verfemt, verfolgt, vertrieben, ermordet. Oppositionelle Schriftsteller*innen während des Nationalsozialismus
Die Diktatur des Nationalsozialismus erschütterte sämtliche Bereiche des Lebens. Kultur war davon freilich nicht ausgenommen. Galt es doch alles, was nicht als "deutsch", sondern jüdisch, marxistisch, sozialistisch oder katholisch angesehen wurde, aus der Öffentlichkeit zu beseitigen. Oppositionelle Künstler*innen aus sämtlichen Bereichen - sei es Schauspiel, Literatur oder auch Musik – wurden verfolgt, inhaftiert oder mussten ihr Heimatland verlassen. Einigen gelang die Flucht, während andere ihr Leben lassen mussten. Das Projekt "Bibliothek der verbrannten Bücher" der Volkshochschule Liesing widmet sich dabei Autor*innen aus jenem dunklen Kapitel der Geschichte, die von Verfolgung und Zensur betroffen waren. In einem zivilgesellschaftlichen Projekt sollen die Werke jener Autor*innen gesammelt werden, um so an deren Schicksal und die Freiheit der Kunst zu erinnern.


Das Leben oppositioneller Autor*innen änderte sich mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Jänner 1933 in Deutschland und 12. März 1938 in Österreich dramatisch. Im zuvor schon rauer gewordenen politischen Klima sahen sie sich nicht nur mit der Zensur ihrer Werke konfrontiert. Die Gefahr, inhaftiert und umgebracht zu werden, überschattete deren Leben. Es waren Schriftsteller*innen von Weltrang, wie die Literaturnobelpreisträger*innen Thomas Mann (1929) und Nelly Sachs (1966), deren Bücher plötzlich nicht mehr lesenswert sein sollten. Dies betraf aber auch Autor*innen wissenschaftlicher, kunstgeschichtlicher oder politischer Sachbücher (z.B. Sigmund Freud oder Georg Lukács). Selbst die Bücher Erich Kästners, der schon damals für herausragende Kinder- und Jugendliteratur bekannt war, hatten in den Augen der Nationalsozialisten keine Berechtigung mehr. Ein Schlüsselereignis bildeten die Bücherverbrennungen vom 10. Mai 1933 in verschiedenen deutschen Universitätsstädten, bei denen die Werke oppositioneller Autor*innen öffentlich in die Flammen geworfen wurden. Hunderte Namen befanden sich dabei auf der schwarzen Liste des nationalsozialistischen Bibliothekars Wolfgang Hermann, anhand derer Literatur nach dem menschenverachtenden Weltbild neu bewertet wurde. All dies war von langer Hand geplant. Ein Spektakel für Parteigenoss*innen, Sympathisant*innen und zugleich lodernder Warnschuss für alle, die sich der menschenverachtenden Ideologie entgegenstellten. Auch Autor*innen, die an den Wiener Volkshochschulen vortrugen (z.B. Arthur Schnitzler, Stefan Zweig oder auch Thomas Mann) waren davon betroffen.

Ein gemeinsames Projekt gegen das Vergessen

Die Volkshochschule Liesing setzt mit der Bibliothek der verbrannten Bücher ein Projekt gegen das Vergessen und für die Freiheit der Kunst um, an dem sich jeder Mensch beteiligen kann. Die Bibliothek der verbrannten Bücher ist ein offener Bücherschrank mit gesellschaftspolitischem Auftrag. In ihm finden sich die Werke jener Autor*innen, die den Bücherverbrennungen zum Opfer fielen und auch jener Schriftsteller*innen, deren Bücher während des Nationalsozialismus verboten waren. Durch eine großzügige Förderung der Kulturkommission der Bezirksvertretung Liesing konnte im Jänner 2024 ein erster Grundstock an Büchern erworben werden. Jene Bücher kann man sich aber nicht nur nach Hause mitnehmen oder vor Ort in der Volkshochschule Erlaa (Putzendoplergasse 4, 1230 Wien) lesen. Das Besondere an der Bibliothek der verbrannten Bücher ist, dass man sie selbst mitgestalten kann: Gebrauchte Bücher jener Autor*innen, die Sie selbst nicht mehr lesen und spenden möchten, können in der VHS Erlaa Montag-Freitag von 09:00-18:00 am Kund*innenservice-Schalter abgegeben werden. Denn so können wir alle gemeinsam ein Zeichen gegen das Vergessen setzen.

Wie erfahre ich, welche Bücher ich in der Bibliothek der verbannten Bücher abgeben kann?

Bitte beachten Sie die hier platzierte Liste. Auf ihr finden sich die Namen gesuchter Autor*innen. Da es sich um eine Vielzahl an Autor*innen und Werke handelt, wird die Liste in regelmäßigen Abständen ergänzt werden.

Bei offenen Fragen dazu über zum Projekt wenden Sie sich bitte an erlaa@vhs.at oder kontaktieren Sie uns telefonisch unter +43 1 89 174 123 302