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Die Photosynthese

Ein geniales Patent der Natur

15.01.2020
Wir können im Notfall wochenlang auf Nahrung und auch einige Tage auf Wasser verzichten. Aber ohne Luft kann ein Mensch nur wenige Minuten überleben. Jeden Tag atmen wir zwischen 10.000 und 20.000 Liter Luft ein und wieder aus. Unsere Atemluft besteht zu 21 Prozent aus Sauerstoff und zu 78 Prozent aus Stickstoff. Alle Gewebe des Körpers benötigen für ihren Stoffwechsel und somit ihr Überleben Sauerstoff. Doch das Gas war auf der Erde nicht immer frei verfügbar.

Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren war die Uratmosphäre unseres Heimatplaneten alles andere als lebensfreundlich. Die Gashülle bestand hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen, Wasserstoff, Stickstoff, Methan, Schwefelverbindungen und Wasserdampf. Freien Sauerstoff gab es kaum, da dieser überwiegend in der Erdkruste gebunden war. Die für lebende Zellen schädliche UV-Strahlung der Sonne traf nahezu ungefiltert auf der Erdoberfläche auf. Die frühe Erde war also ein wahrlich ungemütlicher Ort.

Erst mit der Entwicklung winziger einzelliger Lebewesen, den Cyanobakterien, entstand gasförmiger Sauerstoff, den sie mit Hilfe einer biochemischen Reaktion erzeugten. Mit der Anreicherung des Gases in der Atmosphäre entwickelte sich nicht nur eine Atmosphäre, deren spätere Zusammensetzung die Entwicklung höherer Lebensformen erlaubte, sondern auch in weiterer Folge eine Ozonschicht, die die Organismen auf der Erde vor der schädlichen UV-Strahlung der Sonne schützte.

Dieser biochemische Prozess, der das Leben für Menschen und Tiere erst möglich macht, nennt sich Photosynthese.
Die Photosynthese läuft überwiegend in den Chloroplasten der Blätter der grünen Landpflanzen ab. | © Angelika Pointner
Das Wort "Photosynthese" stammt von den (alt)griechischen Wörtern für Licht und Zusammensetzen. Einfach gesagt passiert auch genau das: Pflanzen wandeln mit Hilfe von Sonnenlicht Wasser und Kohlendioxid in Kohlenhydrate und Sauerstoff um. Die Photosynthese ist ein genialer Prozess – es wird nicht nur Sauerstoff erzeugt, dabei entsteht aus energiearmen Stoffen auch der energiereiche Traubenzucker.

Doch wie funktioniert das eigentlich genau? Pflanzen besitzen einen einmaligen Stoff: Der grüne Blattfarbstoff, das Chlorophyll, macht die Reaktion erst möglich. Das Chlorophyll ist in den Chloroplasten, speziellen „Organen“ der Pflanzenzelle gespeichert.
Ausgangssubstanzen der Photosynthese sind bei den grünen Pflanzen Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O), aus denen mit Hilfe der Strahlungsenergie des Sonnenlichts die energiereichen Verbindungen Glucose bzw. polymere Glucose (= Stärke) aufgebaut werden. Dabei wird Sauerstoff (02) abgegeben. | © Angelika Pointner
Im Detail ist der Vorgang der Photosynthese sehr komplex und besteht aus mehreren voneinander abhängigen Prozessen. Generell kann man sie aber in zwei Phasen unterteilen: Die Lichtreaktion und die Dunkelreaktion.

In der ersten Phase wird die Lichtenergie aufgenommen, die das Chlorophyll in einen energiereichen bzw. angeregten Zustand versetzt. Bei der Rückkehr in den Ausgangszustand wird die Energie erneut freigesetzt und treibt die Spaltung von Wasser in Wasserstoff, Sauerstoff und Elektronen voran, wobei ATP – ein energiereiches Molekül - gebildet wird. In der lichtunabhängigen Phase wird das von den Pflanzen an der Blattunterseite aufgenommene Kohlendioxid mit Hilfe des Wasserstoffs und dem ATP zu Glucose umgewandelt.
Die Photosynthese stellt den Pflanzen Zucker und Stärke für den Aufbau von Biomasse zur Verfügung. Der bei der Reaktion entstehende Sauerstoff ist im Grunde nur ein Abfallprodukt und wird über die Spaltöffnungen der Blätter an die Umgebung abgegeben. | © Angelika Pointner
Pflanzen sind dabei ganz schön effektiv: Eine 150-jährige Buche kann täglich bis zu 24 kg CO2 aufnehmen, so viel wie ein kleines Auto im Durchschnitt auf 150 km erzeugt und produziert dabei 11.000 Liter Sauerstoff, was in etwa dem Tagesbedarf von 26 Menschen entspricht.

Künstliche Photosynthese als saubere nachhaltige Energiequelle?

Was Pflanzen seit Millionen von Jahren praktizieren, versucht die Wissenschaft inzwischen nachzuahmen. Die künstliche Photosynthese könnte nicht nur als alternative Speichertechnologie dienen, sondern auch gleichzeitig im Kampf gegen den Klimawandel helfen. 
Seit vielen Jahren versuchen Forscher*innen daher, den natürlichen Prozess der Photosynthese im Labor zu imitieren. Eine zentrale Vision dabei ist, einen umweltverträglichen Kraftstoff - also energiereiche Materialien - mit Hilfe von Sonnenlicht zu erzeugen. Die technische Nachbildung stellt die Wissenschafter*innen vor große Herausforderungen, ist die Reaktion doch ein sehr komplexer Prozess mit vielen verschiedenen Bausteinen.
Inspiriert durch die Photosynthese sind Chemiker*innen auf der Suche nach Materialien, mit denen sich Sonnenenergie einfangen und in chemische Energie umwandeln lässt. So sollen in Zukunft umweltfreundliche Energieträger wie Wasserstoff hergestellt werden. | © Angelika Pointner

Science Vortrag im Planetarium

Wie greifbar ist der lang gehegte Traum der künstlichen Photosynthese?

Markus Oppel, Senior Scientist im Bereich Theoretische Chemie an der Universität Wien, berichtet über neueste Forschungsergebnisse am Freitag im Science Vortrag im Planetarium Wien.


17. Jänner 19:00-20:30 Uhr

€ 6 (Mit science card gratis)

Hier reservieren!