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Anna Wessels Williams

Wegbereiterin der Infektionsmedizin

02.09.2020
Frauen hatten und haben es oft immer noch schwer in der Wissenschaft. Bei den Nobelpreisen sind Frauen klar in der Minderheit, auch wenn sie Großes für die Forschung geleistet haben. Jedes Semester stellen wir eine dieser Wissenschafter*innen im Science Programm vor. Das Wintersemester 2020 ist der amerikanischen Bakteriologin Anna Wessels Williams (1863-1954) gewidmet.
Anna Wessels Williams ziert das Cover des neuen Science Programms, welches im Wintersemester über 300 Vorträge aus der Welt der Wissenschaft bietet – viele davon sind auch virtuell besuchbar.

Pionierin in der Erforschung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten

Anna Wessels Williams Faszination für Naturwissenschaften wurde bereits mit 12 Jahren beim Blick durch ein Schulmikroskop geweckt. Nach ihrem Highschool-Abschluss begann sie zunächst eine Ausbildung zur Lehrerin. Als jedoch die jüngere Schwester der jungen Pädagogin fast an den Komplikationen infolge einer Totgeburt starb, beeinflusste dies Annas Leben und somit auch ihre weitere berufliche Laufbahn grundlegend.
Williams fasste den Entschluss, Medizin zu studieren, um einen Beitrag zur Verbesserung der medizinischen Bedingungen der damaligen Zeit zu leisten. Sie erlangte 1891 am Women´s Medical College in New York ihren Doktortitel und bereiste in den Folgejahren Europa, um ihre medizinische Ausbildung unter anderem auch in Wien fortzusetzen und zu vertiefen.
Die Diphtherie ist eine akute Infektionskrankheit, die durch das grampositive Bakterium Corynebacterium diphtheriae hervorgerufen wird. Anna Wessel Williams trug wesentlich zur Entwicklung des modernen Diphtherie-Antitoxins bei. Credits: Public domain

Mitarbeiterin im ersten öffentlichen Labor der Vereinigten Staaten

1894 meldete Anna Wessels Williams sich freiwillig zur Mitarbeit im diagnostischen Labor des New Yorker Gesundheitsministeriums, dem ersten öffentlichen Labor der Vereinigten Staaten. Gemeinsam mit dem Direktor William H. Park arbeitete sie an der Entwicklung eines Antitoxins gegen Diphtherie. Zu jener Zeit hatte die Infektionskrankheit in der Stadt fast epidemische Ausmaße erreicht und betraf vor allem Kinder aus Familien mit geringem Einkommen. Das damals verfügbare Serum war für eine flächendeckende Behandlung der Bevölkerung zu teuer. Die junge Forscherin identifizierte einen Bakterienstamm, mit dem es möglich war, ein wirksames Serum kostengünstig und in großen Mengen herzustellen. Der Grundstein zur erfolgreichen Bekämpfung von Diphtherie war gelegt.
Die 1887 vom deutschen Bakteriologen Julius Petri erfundenen Petrischalen dienen der Kultivierung von Mikroorganismen oder der Zellkultur und werden bis heute bei der Entwicklung von Impfstoffen und Antitoxinen gegen Bakterien und Viren eingesetzt. Credits: Bundesarchiv, Bild 183-43981-0005 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en) | © Credits: Bundesarchiv, Bild 183-43981-0005 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)
Bis zu ihrer Pensionierung mit 71 Jahren arbeitete Williams im Labor des Gesundheitsamts in New York. Ihre Forschungsarbeit umfasste viele wegweisende Entdeckungen, die das medizinische Verständnis verschiedener Infektionskrankheiten förderten und auf diese Weise unzählige Leben retteten.
Ein bitterer Beigeschmack bleibt bei dieser Erfolgsstory allerdings: Denn obwohl Anna Wessels Williams diejenige war, der es letztendlich gelang, den zielführenden Bakterienstamm alleine und ohne unmittelbare Mithilfe ihres Vorgesetzten Park zu isolieren, ging der Wirkstoff später als Park-Williams 8 und schließlich, der Einfachheit halber, als Park 8 in die Annalen der Wissenschaft ein.

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TIPP: Mehr zu Bakterien, Viren und Co. sowie deren Erforschung im neuen Science Programm! Eintauchen in die Welt der Wissenschaft – im Wintersemester 2020/21 mit über 300 Vorträgen aus der Medizin, den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Viele Vorträge werden auch als Webinar angeboten – aktuelle Infos dazu auf unserer Homepage.
Mit der science card ist der Besuch der Vorträge frei, für Kurse ermäßigt. Am Wiener Tag der Bildung am 17. September ist die neue science card um € 19,- statt € 29,- erhältlich.