Blog

LEBENSFREUDEblog

Lebensfreude und Sex – geht das zusammen?

01.05.2020

Mario Lackner

Gleich vorweg, weshalb schreiben wir auf unserem neuen Bildungsblog über Sex? Nicht nur bei Jugendlichen existieren dazu viele Unsicherheiten und Halbwahrheiten. Mythen und komplette Fehlinformationen machen auch bei Erwachsenen (trotz und manchmal sogar wegen des Internet-Zeitalters die Runde. Daher haben wir seit 2017 jeweils im Herbstsemester an der Nachbar-VHS Landstraße den Themenschwerpunkt Sexualität und, Hand aufs Herz, ist es nicht für viele auch ein wichtiger seelischer Faktor, der die Lebensfreude mitbeeinflusst?

„Die beste Abwehr gegen Viruserkrankungen aller Art ist ein gesundes, starkes Immunsystem und dieses wird durch Hygiene, sauberes Wasser, Luft, Sonnenschein, körperliche Bewegung, gute Ernährung, genügend Schlaf und durch seelische Faktoren, wie Liebe, Geselligkeit und allgemeine Lebensfreude am besten unterstützt.“ (storl.de)

So etwas lese ich als LEBENSFREUDEblogger natürlich sehr gerne, jedoch was bedeutet das schon – „allgemeine Lebensfreude“ – und lehrt uns nicht der HI-Virus bereits seit den 1980er-Jahren, dass gewisse Formen von körperlicher Bewegung und Liebe sehr wohl unser Immunsystem schwächen können?

Ein Blick in die Popsong-Geschichte hilft auch wie schon letzte Woche Licht ins philosophische Dunkel zu bringen:

Love … lust – what is the difference?
The difference is: the body, the greed, the motion, feelings – your feelings
The two should be separated and not to be confused

(SNAP! „Do you see the light?“, 1991)

Heutzutage herrscht ein großes Durcheinander, wenn von Liebe die Rede ist, da sie oft mit Lust verwechselt wird. Die Gier (greed), die im Liedtext von SNAP! erwähnt wird, schwingt im etwas aus der Mode gekommenen Wort „Wolllust“ noch mit, das der große deutschsprachige Dichter Rainer Maria Rilke vor über hundert Jahren in seinen Texten noch oft verwendete:

„Die körperliche Wollust ist ein sinnliches Erlebnis, (…) nicht, daß wir sie empfangen, ist schlecht; schlecht ist, daß fast alle diese Erfahrung mißbrauchen und vergeuden und sie als Reiz an die müden Stellen ihres Lebens setzen und als Zerstreuung statt als Sammlung zu Höhepunkten.“ (rilke.de)

Was hätte wohl Rilke zur aktuellen Lust-fokussierte Zerstreuung gesagt, die insbesondere jetzt an „müden Stellen“ des Online-Lebens während der ‚Corantäne‘ stattfindet?

Die Sehn-Sucht nach Zeitlosigkeit, dem Aufgehen im Augenblick ist groß und führt nicht wenige schnurstracks in die Sexdienstleistungsofferte des kapitalistischen Geld-Zeit-Systems hinein. Anstatt sich eine Pause von der Tretmühle zu gönnen, gerät man(n) nur noch weiter hinein, nicht selten Hand in Hand mit Zigaretten, Bier, Energydrinks, Kokain & Co. (vgl. wordpress.com)

Gibt es da nicht lebensfreundlichere Alternativen? Schreiben Sie mir, wenn Sie möchten, doch bis nächste Woche auf Mario.Lackner@vhs.at – ein sonniges Feiertagswochenende jedenfalls!

LEBENSFREUDEblog-Eintrag letzte Woche

Facebook-Seite VHS Wiener Urania 
Facebook-Seite VHS Landstraße

Auch wenn die Häuser der Wiener Volkshochschulen seit Mitte März geschlossen bleiben müssen, möchten wir dennoch unserem Bildungsauftrag nachkommen. In etwas adaptierter Form, nämlich via Facebook und Blogs auf unseren Homepages, und vielleicht mit einem bisserl ungewöhnlichen Ansatz. So werden Barbara Rosenberg mit einem Buchtipp, Brigitte Neichl mit einem „historischen Geheimnis“ rund um die Urania, Celine Wawruschka mit neuesten Informationen aus dem Wissenschaftsbereich zum Thema Corona, Mario Lackner und Willy Bottemer zum Thema Lebensfreude regelmäßig in Erscheinung treten.

Doris Zametzer, Direktorin VHS Wiener Urania und VHS Landstraße